Meine schönsten Bücher • Kathrin von Phantásienreisen
Letztes Jahr habe ich die neue Artikelreihe Meine schönsten Bücher gestartet. Darin stellen Buchmenschen und Buchblogger ihre schönen Prachtbücher und wunderschöne bibliophile Ausgaben vor. Also ein entspannter Streifzug durch das Bücherregal von bibliophilen Viellesern, die ein wenig aus dem Nähkästchen plaudern und ihre schönsten Schmuckausgaben vorstellen. Der erste Beitrag war von Karin und nun geht es mit einer Buchbloggerin weiter, die ebenfalls ein Händchen für Bücher und einen sehr guten Geschmack hat.
Der zweite Beitrag ist von Kathrin, die auf ihrem Buchblog Phantásienreisen (phantasienreisen.de) bereits einige sehr schöne Prachtausgaben vorgestellt hat. Auf ihren Blog schaue ich regelmäßig vorbei und mag die Vielfalt sehr, denn neben Klassikern liest Kathrin auch gerne Mangas und Graphic Novels. Ihren Blog gibt es schon über 10 Jahre und dort gibt es eine Menge zu entdecken. Es lohnt sich also dort vorbei zu schauen und zu stöbern. Einen ganz spezielles, wunderschönes Unikat gibt es auf ihrem Blog auch zu entdecken. Eine Lektüre des Beitrages lohnt sich sehr, denn Kathrin hat ein paar echte Geheimtipps und stellt hier wunderbare Bücher vor. Nun übergebe ich das Wort aber an Kathrin und freue mich sehr, dass sie bei dieser Artikelreihe mitmacht.
Ich wuchs in einem bücherarmen Haushalt auf und war daher auf das Angebot der örtlichen Bibliothek angewiesen. So sehr ich die regelmäßigen Besuche dort genoss, wünschte ich mir doch immer eigene Bücherregale mit weniger abgegriffenen Büchern. Das Entdecken von Ausgaben mit Lesebändchen, Prägungen, Farb- oder Goldschnitt, großflächigen Farbillustrationen oder sonstigen Verzierungen war daher für mich wie das Heben eines riesigen Schatzes.
Viele Jahre fand ich solche Schönheiten vorrangig im englischsprachigen Raum. Allein der Penguin Verlag bietet diverse Sammlerausgaben in unterschiedlichen Preiskategorien, beispielsweise mit gestickten Covermotiven, Leinenbindung oder Illustrationen moderner Künstler*innen. Zu meinen Favoriten zählt die Penguin Orange Collection. Sie umfasst 12 Klassiker der US-Literatur, darunter Titel von Shirley Jackson, Jack Kerouac oder auch Solomon Northups Autobiografie „12 Years a Slave“. Klappenbroschur trifft hier auf samtig-weiche Oberfläche und rauen Buchschnitt (an den ich mich, zugegebenermaßen, erst gewöhnen musste). Die von Eric Nyquist gestalteten Cover sind eine Hommage an das klassische Penguin-Design, erstrahlen in einem poppigen Orange und sind mit Illustrationen verziert, deren Konturen in verschiedenen Farbtönen schimmern.
Hochwertig gestaltet ist auch die Ausgabe von „The Lord of the Rings“, die Houghton Mifflin anlässlich des 50. Jubiläums des ersten „Der Herr der Ringe“-Bandes herausgab. Hier findet sich nahezu alles, was das bibliophile Herz höherschlagen lässt: Schuber, Goldschnitt, Lederbindung mit gold- und kupferfarbenen Prägungen, Lesebändchen und zwei großen Karten. Lediglich ein paar schöne Illustrationen fehlen noch, um dieses Exemplar perfekt zu machen.
Deutlich schlichter fällt die Hardcover-Ausgabe von Herman Melvilles „Moby Dick“ aus, die bei Calla Editions erschien: gebunden in beigefarbenes Leinen und mit eindrucksvollen Holzschnittgrafiken von Raymond Bishop als einziger Form der Verzierung. Mit einer Länge von 26 cm und einem Gewicht von mehr als 2 kg ist dieses Buch allerdings nicht als Reiselektüre geeignet.
Zu den am aufwändigsten gestalteten Büchern in meinen Regalen gehören die vom Design-Duo MinaLima veröffentlichten (Kinderbuch-)Klassiker, die der Coppenrath Verlages vor ein paar Jahren auch in den deutschsprachigen Raum holte, sowie „The Darwin Experience“ von John van Wyhe und National Geographic – allesamt Zufallsfunde während meiner Londonreisen. Diese Werke laden zum Mitmachen und Entdecken ein, da sie nicht einfach nur reich illustriert sind, sondern auch Scherenschnitte, herausnehmbare Briefe und Notizen sowie aufklappbare oder anderweitig bewegliche Elemente enthalten. Davon wünsche ich mir mehr auf dem (deutschen) Buchmarkt – und zwar nicht nur im Kinderbuchbereich!
Überhaupt: Aufwändig gestaltete Bücher lassen sich oft nicht bei den großen Verlagen finden, sondern bei kleinen Verlagen, im Rahmen von Crowdfunding-Projekten – wie z. B. das reich verzierte „Celtic Fairies“ von Illustrator Jean-Baptiste Monge – oder durch ungewöhnliche, kollaborative Produktionsmöglichkeiten. Beispielsweise gründete Schauspieler Joseph Gordon-Levitt zusammen mit seinem Bruder Dan im Jahr 2004 die kollaborative Plattform HITRECORD. Menschen aus aller Welt arbeiten hier gemeinsam an Werken unterschiedlichster Art: Audioproduktionen, Kurzfilme, grafische Produkte und natürlich auch Bücher wie die „Tiny Books of Tiny Stories“ oder das erst vor Kurzem erschienene „The Art of Breaking Up“. Letzteres widmet sich dem Ende von Beziehungen – mal humorvoll, mal traurig, mit Kurzgeschichten, Spielen, Checklisten und mehr. Und weil zu einer Beziehung immer zwei Menschen gehören und jede Trennungsgeschichte zwei Perspektiven hat, wurde „The Art of Breaking Up“ als Wendebuch konzipiert. Mehrere hundert Menschen haben allein an diesem Buch mitgewirkt, was das Gesamtergebnis sehr vielfältig macht. Solch kollaborativ, international und unabhängig realisierte Produkte wie die der HITRECORD-Gemeinschaft habe ich noch nirgendwo sonst gefunden – weder auf dem Buchmarkt noch in anderen Bereichen.
In Deutschland hat man deutlich später als im englischsprachigen Raum den Wert liebevoll gestalteter Bücher erkannt. Illustrationen waren lange Zeit vorrangig den Kinderbüchern vorbehalten. Einen besonderen, nostalgischen Charme versprühen die von Robert Ingpen illustrierten Kinderbuchklassiker, die im Knesebeck Verlag erschienen sind, und an denen auch Erwachsene Gefallen finden (vielleicht sogar mehr als die jüngeren Leser*innen).
Alters- und genreübergreifend sind die Bilderbücher, illustrierten Kurzgeschichtensammlungen und Romane von Benjamin Lacombe. Mit der Ausgabe von Poes „Unheimliche Geschichten“ begann vor 9 Jahren meine Liebe zu den Werken des französischen Künstlers. Seither überrascht er mich immer wieder aufs Neue: Ob eine Buch-Adaption der Oper „Madame Butterfly“ in Form eines mehrere Meter langen Freskos oder Pop-ups, eine in Seide gehüllte Hommage an Frida Kahlo, die Illustration von Klassikern wie „Notre Dame de Paris“, ein „Elfen-Bestimmungsbuch“ mit Lasercut-Seiten in Zusammenarbeit mit Autor und Partner Sébastien Perez, ein Comic über Leonardo da Vinci oder die Illustration japanischer Geistergeschichten von Lafcadio Hearn / Yakumo Koizumi – Benjamin Lacombe zeigt sich vielseitig. Genauso wie er stets unterschiedliche Themen und Genres angeht, experimentiert er auch mit Gestaltungsmöglichkeiten – und ich bin umso dankbarer, dass ein kleiner Verlag wie Jacoby & Stuart diese außergewöhnlichen Bücher mit all ihren individuellen Merkmalen seit so vielen Jahren auch dem deutschsprachigen Publikum zugänglich macht.
Natürlich gibt es für uns erwachsene Leser*innen inzwischen noch viele weitere, mit Liebe zum Detail gestaltete Bücher – insbesondere im Klassikersegment. Bei Tobi könnt ihr eine Vielzahl dieser Schmuckstücke entdecken, weshalb ich den Rundgang durch meine Regale an dieser Stelle beende und euch zum Weiterstöbern auf Lesestunden einlade.
Wer unter all den Schönheiten auf dem Buchmarkt noch immer nicht sein Lieblingsbuch gefunden hat oder ein einzigartiges, bibliophiles Geschenk für einen geliebten Menschen sucht, sollte über ein Unikat nachdenken. So habe ich mir, inspiriert durch Tobi, vor ein paar Jahren ein Prachtexemplar der Urfassung von Tolstois „Krieg und Frieden“ gegönnt, bei dem ich selbst über Einband, Farbschnitt, Lesebändchen und Vorsatzpapier entscheiden konnte. Eine außergewöhnliche Erfahrung und ein Buch von besonderem materiellen wie immateriellen Wert!
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