Partytime: Geschichten aus den Roaring Twenties • F. Scott Fitzgerald

Vor zwei Jahren habe ich von F. Scott Fitzgerald die wunderbare Sammlung von Liebesgeschichten Liebe in der Nacht gelesen und hier auch vorgestellt. Ich habe das Buch einfach geliebt, denn es sind richtig schöne kurze Geschichten, immer mit Liebe und immer sehr stimmungsvoll. Für diese Kurzgeschichten aus den Roaring Twenties war F. Scott Fitzgerald, neben seinen erfolgreichen Romanen, seinerzeit sehr bekannt. Als ich diese schöne neue Sammlung weiterer Geschichten von ihm entdeckt habe, war klar, dass ich das Buch unbedingt auch sofort brauche. Ein zu großes Vergnügen war es, Liebe in der Nacht zu lesen und entsprechend gespannt war ich auf Partytime: Geschichten aus den Roaring Twenties.

Mein Verhältnis zu F. Scott Fitzgerald ist etwas zwiegespalten. Sein Roman Der große Gatsby wurde nach seinem Tod in den 1940er Jahren wiederentdeckt und zählt heute zu einem seiner bekanntesten Werke. Was wohl auch einer sehr bekannten und gelungenen Verfilmung geschuldet ist. Mich konnte das Buch nur mäßig begeistern, wobei ich es nicht schlecht fand, aber eben auch nicht herausragend gut. Was mich vor zwei Jahren zu Liebe in der Nacht hat greifen lassen, war das Hauptthema Liebesgeschichten, das schöne Setting (die Roaring Twenties) und die wirklich gelungene Aufmachung der Ausgabe des Diogenes Verlags. Von dem Buch und den handverlesen ausgewählten Erzählungen war ich so begeistert, dass ich mir Für dich würde ich sterben geholt habe, ebenfalls eine Sammlung von Erzählungen aus Fitzgeralds Feder, veröffentlicht vom Hoffmann und Campe Verlag. Das Buch umfasste eher sein Spätwerk und unbekanntere Kurzgeschichten, die mich allesamt sehr enttäuscht haben, denn ich gehöre zu dem Publikum, dass von seinen Geschichten über junge Liebende begeistert ist und die dort gesammelten Erzählungen waren ganz anderer Art.

Partytime umfasst sieben Erzählungen und kommt ebenfalls mit einer sehr gelungenen Buchgestaltung, welche mit den goldenen Pfauenfedern und dem kräftigen Türkis einfach schön aussieht und den Stil der 20er Jahre perfekt wiedergibt. Der Effekt des Wiedererkennens ist auf jeden Fall sofort da und der Diogenes Verlag gehört für mich auch zu den sehr guten Verlagen, die eigentlich schon immer ein ziemlich gutes Händchen hatte. Es macht einfach viel aus, aus welchem Verlag ein Buch kommt und wenn man einmal einen solchen entdeckt hat, der in einer Sparte konstant gute Bücher veröffentlicht, dann lohnt es sich eigentlich immer, da dran zu bleiben, denn dann ist dort jemand am Werke, der ähnlich wie man selbst tickt.

Das Hauptthema sind, wie unschwer erkennbar ist, Partys, welche in jeder Geschichte eine zentrale Rolle spielen. Und zwar auf höchst unterschiedliche Art und Weise. Dabei kommt auch immer wieder die Liebe oder eher gesagt das Werben umeinander vor. Im Fokus stehen dann nicht sich anbahnende Liebesbeziehungen, sondern viel mehr Begebenheiten darum herum, die dabei ziemlich unterschiedlich ausfallen. Jede Erzählung hat dabei eine Wendung, eine Pointe, auf die sie sich hin entwickelt und den Geschichten dabei eine gewisse Spannung und einen hohen Unterhaltungswert verleiht. Es ist wieder ein Vergnügen das zu lesen und Partytime ist erneut leider wieder viel zu kurz und innerhalb von kürzester Zeit ausgelesen. Ich hatte wieder den Maupassant-Novellen-Effekt: Immer wenn ich eine Erzählung ausgelesen hatte, habe ich sofort Lust auf die nächste gehabt und konnte nicht widerstehen und habe direkt weitergelesen.

Am besten hat mir die zweite Erzählung Bernice‘ Bubikopf gefallen, die einfach sehr schön geschrieben ist, die Gedanken und das gesellschaftliche Miteinander hervorragend transportiert und wieder die unbeschwerte Jugend und das Gefühl der zwanglosen Partystimmung transportiert, aber dabei auch die menschlichen Tiefen auslotet. Die Wendung am Ende lässt einen schmunzeln und ist auf ihre Art sehr befriedigend. Auch die erste Geschichte Rags Martin Jones und der Pr-nce of W-les hat eine überraschende Auflösung und ist dabei so richtig schön in eine ganz dichte 20er-Jahre-New-York-Party-Stimmung verpackt. Die dritte Erzählung, mit dem Titel Erster Mai, hat mir am wenigsten gefallen, sie war zu langatmig und hatte für meinen Geschmack zu wenig Struktur. Dafür erfährt man ein wenig über die Wirkung, welche das Ende des ersten Weltkriegs auf die amerikanische Gesellschaft hatte. Die vierte Erzählung Jelly-Bean fand ich wieder richtig gut. Sie hat als Setting die Südstaaten und wartet mit einer richtig gut gelungenen Frauenfigur auf. Gerade dieses Südstaaten-Setting, zusammen mit den schön gezeichneten Haupfiguren, konnte mich sehr begeistern. Hier liegt die schöne Wendung in der Gedankenwelt des Protagonisten und ähnlich wie bei Bernice‘ Bubikopf musste ich am Ende schmunzeln. Der Kindergeburtstag ist sozusagen auch eine Party und zwar, wie der Name sagt, ein Kindergeburtstag, was als Thema in diesem Buch schon einfach lustig ist, von der Story eher kurz ausfällt und damit als kurzes Zwischenspiel hervorragend in die vorliegende Sammlung passt. Der Tanz, die sechste Erzählung, spielt ebenfalls in den Südstaaten und hat mir wieder sehr gut gefallen, weil es auch hier wieder in eine ganz andere Richtung geht. Die Hochzeitsparty hingegen war unterhaltsam, aber auch eher geradlinig und ein angenehmer Ausklang, mehr aber auch nicht.

Zusammenfassend konnte mich das Buch wieder sehr begeistern und war durchgängig ein Lesevergnügen. Fitzgerald hat einen angenehmen Schreibstil, seine Erzählungen sind unterhaltsam und spannend, die Figuren schön ausgestaltet, ohne zu sehr ins Detail zu gehen, aber mit genau dem richtigen Maß an Informationen, um ein greifbares Bild von den einzelnen Persönlichkeiten zu bekommen. Eine große Leistung ist die Zusammenstellung und Auswahl der Erzählungen und das ist dem Diogenes-Verlag einfach sehr gut gelungen. Das ganze Buch hat einfach diese Atmosphäre der 20er Jahre, verströmt genau das Hauptthema, die ausgelassenen Partys dieser Zeit und auch wenn es keine geradlinigen Liebesgeschichten sind, so ist das Werben umeinander doch immer vorhanden, so wie man es ja auch von diesen ausgelassenen Feierlichkeiten erwarten würde.

Das Buch selbst ist wieder richtig schön. Mit den goldenen geprägten Pfauenfedern, der sehr gut gewählten türkisen Farbe und dem passend goldenen Lesebändchen, sieht es sehr schmuck aus. Schon bevor man mit dem Lesen beginnt, ist man mental auf die 20er Jahre eingestimmt, was bei einem Buch einfach ein großer Mehrwert ist.

Fazit: Mit dieser Sammlung von Erzählungen hat der Diogenes Verlag wieder alles richtig gemacht. Die Geschichten, welche alle Partys als Thema haben und gleichzeitig die Atmosphäre der Roaring Twenties verströmen, sind sehr unterhaltsam, portraitieren im genau richtigen Maße die einzelnen Figuren, sind vielseitig und überraschen den Leser immer wieder mit gelungen arrangierten Wendungen. Das kleine Buch ist mit seiner goldenen Verzierung und dem kräftigen Türkis wunderschön und auch als Geschenk perfekt geeignet. Mich konnte es wieder sehr begeistern und das schmucke Büchlein wird meine Bibliothek nicht wieder verlassen.

Buchinformation: Partytime: Geschichten aus den Roaring Twenties • F. Scott Fitzgerald • Diogenes Verlag • 272 Seiten • ISBN 9783257071795

5 Kommentare

  1. Hallo Tobi,

    ich habe das Buch gestern zu Ende gelesen und finde, deine Rezension trifft es richtig gut. Diogenes hat mit der herrlichen Aufmachung genau ins Schwarze getroffen und die kurzweiligen Erzählungen haben den Charme der wilden 20er Jahre Partys aufleben lassen. Mir hat auch die Story „Bubikopf“ am besten gefallen, diese Pointe!

    Da du so begeister von der anderen Sammlung „Liebe in der Nacht“ geschrieben hast, musste das Buch gleich auf meiner Wunschliste landen.

    Mich würden ja auch die Bücher, die seine Frau Zelda geschrieben hat interessieren. Hast du davon schon eines gelesen?

    Falls du auch mal gerne Serien schaust, da habe ich kürzlich „Z: The Begining of Everything“ gesehen. Darin geht es um die Lovestory von F. Scott und Zelda und eben auch die ausschweifenden Partys. Die hat mir richtig gut gefallen und basiert auf dem gleichnamigen Roman von Therese Anne Fowler.

    Herzliche Grüße
    Bella

    1. Liebe Bella,

      da haben wir einen ganz ähnlichen Geschmack und vom Gefühl bzw. Blick auf Deinen Blog her würde ich sagen, dass Du auch eine gewisse Affinität zu schönen Büchern hast? 😉

      „Liebe in der Nacht“ ist super und hat mir nochmal besser gefallen, weil es einfach richtig gute und ebenfalls pointierte Liebesgeschichten sind. Da ist sozusagen jede Geschichte auf dem Niveau von „Bubikopf“.

      Von Zelda habe ich „Himbeeren mit Sahne im Ritz“ gelesen, das vor ein paar Jahren im Manesse Verlag erschien und ebenfalls einige Kurzgeschichten enthält. Mir hat es aber nicht gefallen und ich fand die Geschichten nicht sonderlich fesselnd oder gut geschrieben und habe das Buch auch so ziemlich vollständig vergessen. So ging es mir mit den eher unbekannteren Erzählungen von Fitzgerald auch. Das ist so eine Gratwanderung, es gibt Autoren, da finde ich einfach alles gut (Maupassant beispielsweise) und dann gibt es Autoren, da sind es nur ein paar wenige Texte.

      Herzlichen Dank für den Serientipp. Ich glaube die Liebesgeschichte und überhaupt Scott und Zelda wurden schon in einigen anderen Formaten und auch neueren Büchern nochmal aufgegriffen. „Villa America“ habe ich in die Richtung ebenfalls gelesen. Aber so richtig hat da bisher nichts gezogen bei mir. Also mal sehen ob Deine Empfehlung was ist, da muss ich unbedingt mal reinschauen. Ich liebe die Roaring 20s und habe immer wieder Lust auf das Setting.

      Vielen lieben Dank für Deinen Kommentar, der mich echt gefreut hat. Ich schau immer wieder ganz gerne bei Dir vorbei, besonders auf Instagram.

      Liebe Grüße
      Tobi

      1. Lieber Tobi,

        da liegst du vollkommen richtig. Bei hübschen Büchern kann ich einfach nicht nein sagen. Daher stöbere ich auch sehr gerne bei dir!

        Du hast mich überzeugt, beim nächsten Shopping-Trip in die Buchhandlung muss das Fitzgerald Buch mit 😉

        Wie schade, dass dich „Himbeeren mit Sahne“ nicht überzeugen konnte. Manchmal ist das einfach so und leider wird man dann oftmals dazu verleitet, nichts mehr von dem Autor/der Autorin zu lesen, obwohl ein anderes Werk vielleicht doch den Geschmack treffen könnte.

        Von Maupassant habe ich noch nichts gelesen. Vielen Dank für die Empfehlung, da werde ich mal stöbern gehen.

        Ich bin sehr gespannt, ob dir die Serie zusagen wird (leider habe ich mittlerweile herausgefunden, dass es keine zweite Staffel der Serie geben wird – dennoch finde ich sie gut getroffen und gerade diese toxische Seite in der Liebesbeziehung fand ich gut dargestellt).

        Es freut mich total, dass du gerne bei mir vorbeischaust und ich hoffe du kannst ab und an auch einen Buchtipp mitnehmen.

        Viele Grüße
        Bella

  2. Hallo Tobi,

    ich bin ein großer Fan von F. Scott Fitzgerald – „Der große Gatsby“ ist tatsächlich eines meiner Lieblingsbücher. 🙂 Mich begeistert einfach Fitzgeralds Stil.

    Deine Rezension hat mich sehr angesprochen. Diese „Partytime“ muss unbedingt bei mir einziehen, obwohl ich „Bernice‘ Bubikopf“ schon in einer anderen Sammlung habe. Aber das Buch ist ein echter Blickfang – was für eine schöne Aufmachung.

    Herzliche Grüße
    Marie

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